Mittwoch, 29. November 2006

Trendsetter wider Willen

Vor ein paar Tagen habe ich gelesen, Kneipp sei der Gründervater der Medical Wellness. Der ist bestimmt schon schlimmer tituliert worden, interessiert ihn ja aber auch nicht mehr so sehr, nehme ich an. Denn selbst der Gründervater der Medical Wellness hat nicht ewig gelebt und starb vor 109 Jahren im Alter von 76. (Sie sehen, wir sind uns unseres Bildungsauftrags bewusst.)
Jedenfalls habe ich mich da auf einmal sehr modern gefühlt, denn schließlich war ich, ohne es zu wissen, eine große Trendsetterin, als ich damals im Sportunterricht immer Wassertreten gehen musste. Und der dazugehörige Lehrer, der selbst im Winter Birkenstock-Latschen trug (mit Wollsocken drin), ist eigentlich auch wahnsinnig hip gewesen.
Wir sehen also wieder einmal: Man kann jeden Scheiß verkaufen, wenn man nur fein groß draufschreibt: "ein in aufwendigen chemischen Prozessen, in denen einzigartige, hochkomplexe Biokulturen zum Einsatz kommen, veredeltes Produkt". Oder aber einfach: "jetzt ganz neu aus Amerika".

Mittwoch, 15. November 2006

Bernhardine, das Brot

Kürzlich kam die Tante Frieda mal wieder bei der Bäckerei vorbei, die vor Jahren behauptet hatte, „seit über 75 Jahre“ die Bäckerei ihres Vertrauens zu sein. Das hatten wir damals schon bezweifelt (wobei man natürlich darüber streiten kann, ob grammatisch korrektes Brot besser schmeckt).

Diesmal aber warf das neue Werbeschild im Fenster tiefergehende Fragen auf; es lautet: „Ladywell – ein Brot ganz Frau“. Was dürfen wir uns darunter nun vorstellen? Vielleicht hat das Brot alle vier Wochen aus unerfindlichen Gründen total schlechte Laune. Oder wir finden demnächst kleine Brötchen in der Brotdose, wenn wir das „Ladywell“ mal aus Versehen über Nacht mit dem Bergsteigerbrot alleine gelassen haben. Vielleicht ist es aber auch einfach wahnsinnig sprachbegabt und gibt dem Bäckereifachverkäufer demnächst gute Tipps für die korrekte Kasusmarkierung am Substantiv.

Prekariat

Die Tante verfolgt ja sehr aufmerksam die neue Unterschichtendebatte – allein schon, weil sie dann endlich auch mal in der Zeitung steht. Obwohl die Debatte bisher ja nichts hervorgebracht hat außer einem neuen Namen für die Unterschicht. „Prekariat“. Damit scheint das Problem dann auch schon erschöpfend behandelt. „Prekariat“. Klingt aber echt gut – so, als wäre man dann nach zwei Jahren, falls man die Abschlussprüfung besteht, Pastoralreferent und bekomme vom Weihbischof eine Mütze aufgesetzt.

„Mein Neffe ist gerade im Prekariat in Soltau-Fallingbostel.“ Das hat nicht jeder. „Prekariat“. Geht mir echt saugut ab.

Mittwoch, 8. November 2006

Es gibt zwei Sorten von Menschen auf der Welt (8)

Die einen haben einen Ehering am Finger. Die anderen nicht.
Das bedeutet aber nicht unbedingt, dass die anderen nicht verheiratet sind - vielleicht haben sie auch nur die Handschuhe ausgezogen, sich dabei den Ring vom Finger gestreift und nicht wiedergefunden. Er nimmt es gelassen und als kostenlose Einführung in den Buddhismus, Lektion: "Gelassenheit und Abstand von den Dingen. Leben heißt Abschied nehmen. Sein Herz nicht an Dinge hängen."
Naja. Zur Frustbewältigung hat er sich gleich am nächsten Tag einen Rasierapparat gekauft. Und zwar nicht den für 69,- €, sondern den für 199,- €. Und was soll ich sagen - er ist total begeistert. Rennt den ganzen Tag durchs haus und will sich wieder rasieren, weil es auch nicht weh tut, wenn der Bart drei Tage alt ist.
Sein Dilemma ist natürlich, dass er dann 3 Tage warten muss, um sich zu rasieren. Aber dann sei es richtig gut.
"Es wird doch alles besser! Es wird doch alles besser!"
Vor lauter Begeisterung will er jetzt F.D.P. wählen!

Montag, 6. November 2006

Die Initiative des Monats November

Gewonnen hat natürlich Bischof Huber, der meint, dass Halloween Quatsch ist und wir nicht wirklich unbedingt jeden Scheiß aus Amerika übernehmen müssen. Da sind wir auch dafür (bzw. dagegen, wie Sie wollen). Ein unbestreitbarer Nachteil an dem Halloweenquatsch ist nämlich, dass seit ein paar Jahren die Leute meinen, der Tante erzählen zu müssen, Kürbis sei lecker, und mir das dann auch noch vorzusetzen - irgendwie muss der ganze Schammas ja weg.
Kürbis ist aber gar nicht lecker.
Damit ist der Kürbis auf gutem Weg, Rucola (bzw. "Rauke", wie das Zeug hieß, als sich in Deutschland noch niemand dafür interessierte) als Trendnahrung nachzufolgen, die ihrerseits wieder dem Pesto folgte.
Gespannt ist die Tante auf die kulinarische Karriere des Sanddorn, der immerhin schon in einigen Hippgläschen ist. Das wäre ihr nächster Tipp - die italienische Küche hat ja jetzt wohl endgültig ausgehustet, außer schlappe di schumi wir wohl nichts mehr kommen.