Dienstag, 27. März 2007

Günther Grass nervt

Ich soll ja was dazu sagen, dass Martin Walser 80 geworden ist. Na gut: ich hab ja nur einmal versucht, ein Buch von ihm zu lesen, "Brandung". Das hat mir aber voll und ganz gereicht. Da überlegt doch die ganze Zeit nur der Erzähler, ob diese Studentin in seinem Seminar jetzt was von ihm will oder nicht, und ob er mit ihr ins Bett gehen soll oder nicht.

Himmelherrgott, ich seh ja ein, dass das spannend ist, wenn man das selber erlebt, aber erzählt? Huiuiui, das Ganze liest sich so spannend wie eine Opernkritik: nämlich eher nicht so spannend.

Aber ansonsten ist das ja ein feiner Kerl mit richtigen Ansichten, der auch mal zugeben kann, dass er einen Fehler gemacht hat und dass es ihm leid tut. Nicht so Günther Grass: Schreibt auch Bücher, die so langweilig sind, dass es stinkt wie ein verschimmelter Pferdekopf, hat dabei aber immer das Gutmenschentum voll auf seiner Seite und will noch dafür gelobt werden, dass er in der SS war.

Wieder einmal merken wir uns (Regel 2):

Die meisten Menschen halten anderen deren Fehler nur vor, um sich selbst im Glanz der Rechtschaffenheit zu sonnen. Moralismus ist Eitelkeit.
Naja, natürlich nicht immer, aber dann klingt es nicht so knackig.

Freitag, 23. März 2007

Es gibt zwei Sorten von Menschen auf der Welt ...

Die einen leben so vor sich hin und essen, was ihnen Spaß macht. Die anderen haben gerade eine Magen-Darm-Krankheit und überlegen sich schon beim Gedanken an Zwieback, ob sie mal wieder vorbei schauen wollen, ob sich in der Toilettenschüssel irgendetwas Spannendes ereignet hat in den letzten fünf Minuten. Das sind übrigens die einzigen Augenblicken in denen man froh sein könnte, dass die Toilette nicht ganz so sauber ist, wie man es eigentlich gedacht hätte: das Brechen geht dann doch etwas leichter von der Hand.

Die Tante gehörte diese Woche mal wieder zu den anderen. Und allen, die gerade zu den einen gehören, sei gesagt: Denkt daran, wie glücklich Ihr seid! Memento Magen-Darm-Verstimmung!

Zu oft geht man durch den Tag und vergisst viel zu schnell, wie schön es sein kann, einfach mal irgendetwas zu essen. Denn erst, wenn man von der Apotheke wiederkommt, mit Herzrasen und -beklemmung schweißgebadet hinter der Wohnungstür auf den Boden fällt und mit zitternden Händen die Medikamentenpackung aufknibbelt und hofft, dass der Inhalt wirkt und nicht weh tut und lange, lange darauf wartet, bis man ins Bett krabbeln kann, erst dann kann man mit Fug und Recht behaupten: Magen-Darm-Verstimmung macht keinen Spaß. Nein, nein. Ist jetzt aber schon wieder besser.

Montag, 19. März 2007

I wanna kno-ho-how ...

... have you ever seen the snow
coming down on a sunny day?

Auch wenn es gerade in Saarbrücken schneit (und deswegen bald auch im Rest der Republik, denn im Saarland sind wir ja mit allem immer etwas früher dran), kann ich folgende Fragen nicht beantworten: Wenn es schneit, und die Sonne scheint trotzdem, gibt es dann einen Schneebogen? Und ist an seinem Ende dann ein Topf mit Weißgold? Und was ist überhaupt Weißgold? Und wo ist mein Ehering aus Weißgold, den ich verloren habe? Und bin ich jetzt immer noch verheiratet?

Freitag, 16. März 2007

Heinz-Rudolf Kuntze

Seit einer Woche, dem Grand-Prix-Vorentscheid nämlich, frage ich mich ja folgendes: Viele Leute sagen: Herr Kuntze sei peinlich, in seinem Alter müsse der doch nicht mehr auf der Bühne stehen und die alten Hits in Mehrzweckhallen spielen und den alten Tagen hinterher singen.
Ich bin mir da gar nicht so sicher. Peinlicher finde ich zum Beispiel Mick Jagger, obwohl der mehr Platten verkauft. Und andere Leute verkaufen seit 40 Jahren die gleiche Fleischwurst, und da sagt doch auch keiner, das wär' doch peinlich.
Mit irgendwas muss man ja sein Geld verdienen, und ich würde lieber abends ein bißchen Musik machen, auch wenn es nur vor 50 Leuten ist, als Fleischwurst zu verkaufen. Oder mir mit 60 noch in den Schritt greifen zu müssen.

in eigener Sache ...

Leider wurde mir die Tage mitgeteilt, dass ich vermutlich von der Firma, bei der ich gerade ein Praktikum mache, eingestellt werde. Und weil der Laden brummt, komm ich überhaupt nicht zum Bloggen.

Freitag, 9. März 2007

Jesus weiß, was Männer wünschen

Die Tage fiel mir was interessantes auf (naja, also ich fand das interessant, Ihr braucht ja nicht unbedingt weiter zu lesen) (obwohl, vielleicht tut Ihr das ja sowieso nicht, weil hier nur so ein Quatsch steht):
In zwei Songs populärer gläubiger Musiker wird auf die Hochzeit von Kanaa abgehoben und Jesus damit angepriesen. Nämlich in These Are the Days von Van "the Man" Morrison und in He Turned the Water Into Wine von Johnny "the Man in Black" Cash. (So weit ich weiß, haben "The Men They Couldn't Hang" und "The Quarry Men" (besser bekannt unter ihrem späteren Namen "John Lennon and the Silver Beetles") nichts dazu gesungen.
Hören wir mal rein:

He turned the water into wine.
He turned the water into wine.
In the little Kanaa town,
the word spread far around.
He turned the water into wine.

These are the days of the true magician,
who turned the water into wine.

Und gleich wollte ich was lustiges dazu schreiben, ob mehr Drogen wirklich das ist, was diese Welt braucht und wie das denn mit der Enthaltsamkeit zusammen passt. Aber dann dachte ich mir: "Tante", dachte ich mir, "Tante, du bist immer so negativ. Schreib doch mal was nettes, Tante!"

Und das ist doch auch super: Der Jesus ist ein richtiger Gott zum Anfassen, einer fürs Volk. Der lässt sich nicht lange bitten, sondern gibt uns Alkohol, wenn wir Alkohol brauchen. Jesus: find' ich gut! So.



Dienstag, 6. März 2007

Rentnerbeige

Großonkel Bulgarien schreibt, er hätte in den Niederlanden schon vor Jahren Senioren in Hosen gesehen, die nicht spießig beige, sondern im Armeelook gemustert. Nun ist ja Armeelook bekanntermaßen der Inbegriff der Spießigkeit, aber man muss zugeben, dass es nicht beige ist. Insofern ist Großonkel Bulgarien auf jeden Fall auf einer wichtigen Spur.

Das stellt zwei neue Fragen:
  • Warum tragen deutsche Senioren keine Tarnfarben? Werden wir wie immer benachteiligt?
  • Oder tun sie das womöglich gar?
Letzteres ist zumindest ein interessanter Ansatz, den Erna B. aus M. verfolgt in einem Artikel für Senior Fashion (12/2006): Ihrer Hypothese nach richten sich Senioren nur vordergründig nach ihrem persönlichen Geschmack. In Wahrheit versuchen sie sich zu tarnen und kleiden sich deshalb in Farben, die sie in ihrem natürlichen Lebensumfeld, z. B. altmodischen Cafés, vollkommen unauffindbar macht. Dadurch hoffen sie, von Kindern und Betreuern nicht erkannt zu werden und den Ausflug dadurch zu verlängern (oder überhaupt in Freiheit zu entkommen). Weil es ihnen nicht möglich ist, schnell wegzulaufen, müssen sie auf die andere natürliche Schutzmöglichkeit bauen, also Tarnung.

Claas P. aus S. hat diese Theorie in einem Artikel in der neuesten Ausgabe von Science (2/2007) dahingehend erweitert, dass Senioren nicht einer bewussten Strategie folgen. Vielmehr, so meint er, wäre hier natürliche Auslese am Werk, die dafür sorgt, dass älteren Menschen genau die Farben als angenehm empfinden, die sie unkenntlich machten. Ein interessanter Ansatz, auch wenn nicht ganz geklärt ist, wie sich das bei Senioren auf die Fortpflanzung auswirken kann. Da ist noch Forschungsarbeit nötig.

Donnerstag, 1. März 2007

Ich auch! Ich auch!

Ich hab auch mal einen Text zu Kinderbetreuung geschrieben, und weil der letzte von Tante Frieda war und es grad so schön passt, kommt er jetzt dran:

Warum wissen auch die Leute/Männer, die wegen ihrer Karriere leider nicht genug von der Familie bekommen, was sie gerne in Talkshows groß bejammern ohne was dran zu ändern, warum wissen auch die Leute genau, was ihre zu Hause gebliebene Familie braucht? Woher wissen die das, dass ein Kind seine Mutter braucht? Dass alle andern ganz eng aufeinander sitzen müssen, obwohl sie selbst das anscheinend nicht brauchen?

Waren sie so naiv, ihre Kinder zu fragen? Kinder sind Egoisten – sie wollen alles. Sie wollen, dass Mama die ganze Zeit da ist, sie wollen eine neue Playstation, ein neues Handy und zehn neue Schuhe sowieso. Sie würden auch wollen, dass Papa die ganze Zeit da ist, aber irgendwie scheint danach niemand zu fragen … Aber pardon, verzeihen Sie, wie konnte ich vergessen, das mit der Mutter ist ja anders, das ist ja die Natur, die uns das sagt, die Veranlagung. Das weiß man doch.

Scheißdreck. Ich sag jetzt mal, wie es wirklich ist: Kinder nerven. Sie nerven so wahnsinnig, wie nur jemand nerven kann, der einem sehr nahe steht. Ich liebe meine Tochter über alles, aber es ist auch sehr schön, einfach mal an einem Tisch zu sitzen, und irgendwas zu machen (oder auch: nichts). Wenn Sie keine Kinder betreuen oder betreut haben, können Sie nicht wissen, worüber wir diskutieren, wenn wir über Kinderbetreuung diskutieren. Wir diskutieren darüber, dass man den ganzen Tag (und der ganze Tag beginnt um 06:00 Uhr) das macht, was das Kind möchte. Und zwar sofort, sonst gibt’s Gebrüll. Wir reden darüber, dass "Ich bin seit einer Stunde auf, und in anderthalb Stunden macht der Bäcker auf." ein sinnvoller und wahrer deutscher Satz sein kann.

Gut, ich bin vielleicht verweichlicht, und ich gebe zu, ab und an setze ich meine Tochter in den Laufstall, damit ich die Spülmaschine ausräumen kann. Aber ich setze sie nicht in den Laufstall, damit ich die Zeitung lesen kann, noch nicht mal die FAZ, auch wenn dadurch das Abendland untergeht. Zeitung lesen gehört der Vergangenheit an (und vielleicht der fernen Zukunft). Bei allem, was ich tue, will ein 76 cm großer Mensch sehen was ich mache, die Dinge auch anfassen, die Sachen auch in den Mund nehmen. Immer. Alles. Kinder sind ein unglaubliches Glück, aber sie nerven auch bisweilen ganz ungemein.

Das macht aber nichts. Denn: Eltern nerven auch. Eltern verbieten ständig irgendwas, wollen, dass man dieses macht und jenes nicht, lassen einen nicht mit dem Messer spielen und nicht dreizehn Stunden mit der Playstation. Oder, wenn sie mal nicht nerven, erlauben sie den Kindern genau das, und dann meckern die Abendlandsbewahrer auch. (Ist nicht, nur nebenbei, eines der Dinge, die die Abendlandsbewahrer an den islamischen Kulturen so abstößt, die Behandlung der Frau, dass die nur zu Hause herumsitzen mit ihren vielen Kindern? Aber genau das wollen einige von den abendländischen Frauen doch auch, oder? Aber da hab ich bestimmt wieder was falsch verstanden.) Ich finde, wenn sich Kinder und Eltern zuweilen ein wenig aus dem Weg gehen könnte, würde das allen gut tun.

Das bringt uns langsam dazu, die nächste Frage richtig erfassen zu können: Warum lassen wir in Deutschland unsere Kinder („Unser Kapital für die Zukunft!“, „Unsere Lieblinge!“, „Unser größter Schatz!“) von Frauen erziehen, die dafür nicht qualifiziert sind? Von Frauen, die dazu erkennbar demotiviert sind? Von Frauen, die damit sichtlich überfordert sind? Von schlecht bezahlten, schlecht ausgebildeten Frauen? Von: ihren Müttern (und auch ihren Vätern)? Deren einzige Befähigung in einer ominösen übernatürlichen Liebe zu ihrem Kind besteht, die sie instinktiv alles richtig machen lässt?

Ich sei beleidigend und indiskutabel? Entsetzlich?

Dann gehen Sie mal an einem normalen Wochentag tagsüber in die Innenstadt, in die Billigsupermärkte, in die billigeren Kleidungsgeschäfte – dorthin, wo die rauchenden Mütter (und/oder Väter) mit ihren Kindern sind. Dorthin, wo die Kinder nur im Wagen sitzen. Nicht dahin, wo die Eltern sind, die die Erziehungsratgeber lesen, nicht auf die Spielplätze. Dorthin wo die Kinder angeschrien werden.

Und jetzt sagen Sie mir, dass ich nicht Recht hätte. Dass diese Mütter ihre Kinder nicht als Belastung empfinden. Dass das mit dem Muttertrieb vielleicht nicht so universell toll funktioniert, wie manche Väter und Nichteltern glauben. Dass Sie nicht den Wunsch verspüren, den Kindern dieser Eltern ein paar Stunden pro Tag gesundes Essen, eine Erziehung und, ja, Liebe zu geben.

Und dann sagen Sie mir, warum sich hunderttausende Mütter und Väter (die andere Sorte, die die liest und nicht die, die fernsieht) in all die Ratgeber einlesen müssen, wo es doch auch Menschen gibt, die dafür ausgebildet wurden. Menschen, die bereits wissen, was einen Krupp vom Pseudokrupp unterscheidet. Wie man Fehlstellungen vermeiden kann. Ab wann Kinder welches Essen vertragen. Dass Lauflerngeräte Schwachsinn sind. Diese Menschen könnten sich in Gesprächen, z. B. wenn die Kinder vom Kindergarten abgeholt werden, mit den Müttern und Vätern doch austauschen. Und die Kinder könnten dabei im Umgang mit anderen Kindern Sozialkompetenzen erwerben, team building qualities, die sie auf die zentralen key challenges der modernen Businesswelt optimal vorbereiten: u. a. Kompromisse schließen, teilen und ohne viel Gebrüll einschlafen. Und statt, dass der Staat sechs Menschen dafür bezahlt, auf sechs Kinder aufzupassen, könnte er doch einen davon bezahlen, dass er auf die sechs Kinder aufpasst, zumindest ein paar Stunden lang, und die anderen fünf Menschen könnten in der Zwischenzeit irgend etwas produzieren, Mehrwert erwirtschaften, das Bruttoinlandsprodukt heben … Das wär’ doch irgendwie viel billiger, oder?

Aber da hab ich bestimmt wieder was falsch verstanden. Oder ich bin auch schon verdorben und Teil des bereits untergegangenen Teils des Abendlandes.